Anforderungen an den Mittelstand, oder: die Notwendigkeit der „Enthaftung“

Anforderungen an den Mittelstand, oder: die Notwendigkeit der „Enthaftung“

Mit der zunehmenden Internationalisierung und Globalisierung ihrer Geschäfte sehen sich vor allem deutsche mittelständische Unternehmen mit der Herausforderung konfrontiert, nicht nur die deutschen Rechtsregelungen für das Betreiben des eigenen Geschäfts einzuhalten. Vielmehr müssen auch die nationalen Regelungen der Länder, in die das Geschäft ausgeweitet wird, beachtet werden.

Aus dem US-amerikanischen ist der Begriff der „Compliance“ zunehmend nicht nur für große Konzerne ein Thema. Vielmehr achten einerseits die US-amerikanischen Behörden natürlich auf die Einhaltung der nationalen Regelungen, daneben finden Compliance-Bestimmungen auch immer Einzug in die zwischen amerikanischen und deutschen/europäischen Firmen abgeschlossenen Verträge. Oftmals werden über entsprechende Querverweise umfangreiche Compliance-Bestimmungen der US-Konzerne zum Inhalt des Vertrages gemacht und damit obliegt auch kleineren deutschen Unternehmen, diese Compliance-Bestimmungen zu beachten.

Schlussendlich bestimmt auch nach deutschem Recht der § 130 OWiG eine Ordnungswidrigkeit, wer es als Inhaber eines Unternehmens unterlässt, Regelverstöße in seinem Unternehmen zu verhindern. Hierbei drohen empfindliche Geldbußen.

Für die Führungskräfte der Unternehmen stellt sich somit die Frage, wie man sich bestmöglich vor einer möglichen Haftung schützen kann. Wenn das OWiG davon spricht, dass „Aufsichtsmaßnahmen“ erforderlich sind, „um in dem Betrieb oder Unternehmen Zuwiderhandlungen gegen Pflichten zu verhindern,…“, so stellt sich für den Unternehmer und die Führungskraft die Frage, wie solche „Aufsichtsmaßnahmen“ aussehen müssen, um eine Haftung zu vermeiden.

Es wird hierbei immer wieder der Begriff des Compliance-Management-Systems genannt. Hierbei handelt es sich um ein Modell, welches die Regel Überwachung und – einhaltung im Unternehmen sicherstellt. Wenn man ein solches System eingerichtet hat, sind die nach dem Gesetz geforderten „Aufsichtsmaßnahmen“ in der Regel durchgeführt und der Unternehmer hat sich gewissermaßen „enthaftet“.

Bei der Einrichtung eines solchen „enthaftenden“ Aufsichtsinstrumentariums stellt sich für die Führungskräfte kleinerer und mittlerer Unternehmen regelmäßig auch die Frage der Kosten. Sinnvoll ist es, ein auf das Unternehmen zugeschnittenes Compliance-Management-System einzurichten, welches einerseits der Notwendigkeit an einer genügenden Aufsicht gerecht wird, andererseits die Kosten nicht ausufern lässt.
„So viel, aber nicht mehr als nötig“ heißt hier die Devise.

In enger Abstimmung mit den anwaltlichen und steuerlichen Beratern muss daher zunächst die Klärung einiger Vorfragen erfolgen:

  • Bin ich im internationalen Bereich tätig und stellt dies besondere Anforderungen an mein Compliance-Management-System?
  • Wie stelle ich sicher, dass die mir über Verträge mit Dritten als Aufgabe gestellte Einhaltung anderer Compliance-Management-Systeme gelingt?
  • Wie vermittle ich die einschlägigen Regelungen, welche zwingend einzuhalten sind, meinen Mitarbeitern?
  • Wie binde ich Vertragspartner und Kunden an mein Compliance-Regelwerk; Welche vertraglichen Regelungen muss ich in Kooperations- & Kundenverträge einarbeiten? Welche unternehmensinternen Grundsätze sollen in meinem Compliance-Management-System neben den ohnehin einzuhaltenden gesetzlichen Regelungen beachtet werden? Gibt es Unternehmensgrundsätze, Teile der Unternehmensphilosophie, einen „Code of Conduct“, die ich als Führungskraft von den Mitarbeitern des Unternehmens beachtet wissen will?
  • Wie schaffe ich es, die Regelüberwachung im Unternehmen sicherzustellen, ohne die Stimmung in der Belegschaft zu gefährden, Stichwort: „Einander vertrauen, gemeinsam kontrollieren“

Nach Klärung solcher und ähnlicher Vorfragen kann man dann einen auf das Unternehmen zugeschnittenes Content-Management-System erarbeiten und einrichten, welches einerseits dem Unternehmer und den Führungskräften haftungsmäßig den Rücken freihält, andererseits das Unternehmen aber nicht mit überhöhten Kosten und unnötigem Verwaltungsaufwand belastet.